Rezension: „Geschenkt“ (Daniel Glattauer)

Nach „Gut gegen Nordwind“, „Alle sieben Wellen“ und „Ewig dein“ ist „Geschenkt“ das vierte Buch, das ich von Daniel Glattauer gelesen habe und das erste, das ich vorab als Rezensionsexemplar bekommen habe.

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Das Losglück von vorablesen.de war auf meiner Seite (Foto: Privat)

Inhalt:

Gerold Plassek ist vor kurzem Vater geworden. Oder eigentlich: Schon vor 14 Jahren. Er hat aber gerade erst erfahren, dass Manuel sein Sohn ist. Ebenso kurzfristig wurde Manuel für die Zeit nach der Schule bei ihm im Büro der Redaktion einer Gratiszeitung „geparkt“, da sich seine Mutter als Ärztin für ein halbes Jahr in Afrika engagieren will. Also kommt Manuel nach der Schule zu ihm und sieht ihm dabei zu, wie Gerold es perfektioniert hat, antriebslos seiner Arbeit eben nicht wirklich nachzugehen. Außerdem mag Gerold Alkohol leider nur zu gerne. Kurzum: Gerold Plassek ist ein Versager und das einzig Gute an der Geschichte ist, dass Manuel nicht weiß, dass es sein Vater ist.

Nach dem Erscheinen einer kleinen von Gerold geschriebenen Meldung über eine überfüllte Obdachlosenschlafstätte beginnt sich jedoch alles zu ändern: Eine anynome Geldserie, in deren Zentrum Plassek unfreiwillig steht, bewirkt, dass er aus seiner Lethargie gerissen wird – und Manuel und er sich allmählich annähern.

Mein Eindruck:

Obwohl Gerold Plassek zu Beginn des Buches als Versager dargestellt wird, war er mir von der ersten Seite an sympathisch. Da alles aus seiner Sicht beschrieben ist, ist seine Situation auf eigenartige Art und Weise sogar fast verständlich und man möchte ihm eigentlich nur einen nett gemeinten Tritt in den Allerwertesten geben, dass er sich aufrafft und etwas aus seinem Leben macht. Glücklicherweise übernimmt der Autor diesen Tritt und setzt Gerold Plassek seinen bis dato unbekannten Sohn Manuel vor die Nase. Und damit man auch wirklich sicher sein kann, dass dieser Tritt verstanden wird, gibt es gleich noch einen zweiten hinterher und Glattauer – inspiriert durch eine sehr reale Spendenserie, allerdings in Braunschweig – wirbelt das eigentlich kaum existente Berufsleben Plasseks durcheinander.

Man merkt sofort, dass diese Aufrüttelung nicht ganz gern gesehen ist, aber irgendwie schlittert Plassek von einer Situation in die nächste und kann so gar nicht verhindern, dass bzw. wie sich sein Leben verändert. Zumal ihm die Veränderungen dann durchaus gefallen.

Manuel bleibt als Figur neben seinem Vater, von dem er nicht weiß, dass es sein Vater ist, keinesfalls blass. Im Gegenteil: Er ist sozusagen der verlängerte Arm des Autors, der seinen Vater bei vermeintlichen Hürden beginnt anzutreiben und mit seiner – für einen Teenager durchaus typischen – Penetranz auch für Erfolge in besagtem Antrieb sorgt. Besonders gefiel mir die realistische Darstellung des Jungen: Einerseits steht er mit einem Bein schon im Erwachsenenleben und legt erstaunliche Weitsicht an den Tag, andererseits sind manche Aussagen und Taten von ihm noch die eines Kindes.

Gerold und Manuel und auch alle anderen kleineren Figuren wirken erfrischend lebendig, so wie man das von Glattauer gewöhnt ist. Besonders gefiel mir immer wieder, dass man Gerold im Denkprozess beim SMS- oder E-Mail-Schreiben beobachten konnte. Das was man am Ende nämlich wegkürzt, abändert oder gänzlich neu schreibt, das sagt, finde ich, am meisten etwas über jemanden aus.

Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel zum Schluss des Buches verraten, ist es doch ein ganz anderes Ende, als ich es mir am Anfang noch vorgestellt hatte. Es ist aber ein Schluss, den ich als Leser genau richtig finde und so stehen lassen möchte – auch, wenn es mir in den Fingern kribbelt, um eine Fortsetzung zu bitten. In gewisser Weise passt das auch wieder zur Geschichte selbst, was Glattauer wirklich schlau eingefädelt hat.

Fazit:

„Geschenkt“ kann man am ehesten mit einer heißen Tasse Tee nach einem langen Spaziergang durch den beginnenden Herbst vergleichen: Es wärmt richtig durch, muntert auf, lädt zum Lachen ein und hat mich mehrmals sehr gerührt.

Es ist ein wunderbares Buch, das ich jedem empfehlen kann.

5 von 5 Sternen.

Weiteres zum Buch:

 

  • Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
  • Verlag: Deuticke Verlag (Erscheint am 25. August 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3552062572
  • ISBN-13: 978-3552062573

 

2 Gedanken zu “Rezension: „Geschenkt“ (Daniel Glattauer)

  1. Klingt gut! Ich mochte Gut gegen Nordwind / Alle sieben Wellen richtig gerne … mit Ewig Dein bin ich allerdings nicht so warm geworden. Kommt auf die Liste, danke für die Rezension!

  2. Pingback: Wochenrückblick [KW 34] | Mein Blätterwald

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