Rezension: „Über Arbeiten und Fertigsein“ (Lehmann, Kling, Fischer, Martschinkowsky)

Wie Ihr vielleicht wisst, bin ich eigentlich kein Fan von Kurzgeschichtenbänden. Ich finde es auf Dauer irgendwie ermüdend, mich auf wenigen Seiten in Charaktere hineinzuversetzen, die dann doch gleich wieder aus meinem Leseleben verschwinden. Umso interessanter ist dieses Buch für mich gewesen, da es zwar aus kurzen Sequenzen besteht – und in dieser Hinsicht Kurzgeschichtenbänden ähnelt – mich aber dennoch von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte.

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an den Verlag Voland & Quist – und auch für die Geduld!

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(Foto: Privat)

Inhalt:

Sebastian Lehmann, Marc-Uwe Kling, Julius Fischer und Maik Martschinkowsky treten seit geraumer Zeit im SO36 in Berlin mit ihren Texten und Liedern auf – das Ganze nennt sich dann „Lesedühne“. Sie sind sehr satirisch, immer ein bisschen fies aber sehr lustig – und regen unter Umständen auch zum Nachdenken an, was ein potentiell netter Nebeneffekt ist.

Mein Eindruck:

Gleich vorweg, was mich an den Texten in diesem Buch so fasziniert hat: Sie kommen alle erst recht harmlos daher, dann schlägt die Pointe aber umso härter zu. Und auch ansonsten lauert in jeder Zeile bissiger Humor, der mal den Alltag und mal das Gesellschaftssystem als Ganzes auf die Schippe nimmt. Tourtagebuch-Einträge begleiten neue Erzählungen vom Känguru, typische Erlebnisse mit Eltern und Tipps für diejenigen, die noch nicht wissen, was sie mit ihrem Leben beruflich anfangen wollen.

Alles, was ich in neunzehn Semestern Philosophiestudium über Logik gelernt habe, denke ich, hat keinerlei Wert, wenn ich mit meiner Mutter telefoniere.

S. 43, „Das Fest der Liebe“ von Sebastian Lehmann

Jede Geschichte spielt mit Klischees und Stereotypen und wird dabei doch nicht albern. Vielmehr macht der Humor die dahinterstehende Gesellschaftskritik umso eindringlicher. Den gleichen Effekt erzielen die Anspielungen auf die Biografie der Autoren: Jeder Text wird durch diese Art der Running Gags nicht nur lustiger sondern auch greifbarer. Humor als Mittel, die Leser zum Nachdenken zu bringen: Das lässt einen wünschen, die Welt wäre viel witziger.

Der Buchtitel verrät, welcher rote Faden sich – neben den biographischen Anekdoten der Autoren – durch alle Geschichten zieht: Arbeiten, Fertigsein – es geht also um das, was uns alle tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes beschäftigt. Oder eben nicht, schließlich gibt das Buch auch Einblicke in diverse Berufsbilder, damit man sich – im Bedarfsfall – auch etwas Neues suchen kann.

Übrigens: Normalerweise klebe ich bunte Post-its an die Buchstellen, die mir besonders gefallen haben, die besonders witzig waren oder die mich zum nachdenken gebracht haben. Bei diesem Buch lief ich Gefahr, nicht genug Klebezettel zu haben und ging dazu über, „nur“ die jeweiligen Kapitel, d.h. Texte, zu markieren. Nun habe ich Klebezettel an jedem einzelnen Kapitel…

Fazit:

Kluger Humor, erfrischend bissige Pointen und vier Autoren, die sich selbst nicht so ganz ernst nehmen – genau das scheint die Mischung zu sein, die ich bei Kurzgeschichtenbänden brauche, um davon begeistert zu sein. Einziger Kritikpunkt: Es ist zu kurz. Ich bitte dringend darum, dass noch weitere dieser Bücher erscheinen – und dann noch mehr Texte enthalten.

5 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:

  • Preis: 9,99 €
  • Broschiert: 175 Seiten
  • Verlag: Verlag Voland & Quist; Auflage: 1 (1. Dezember 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 386391113X
  • ISBN-13: 978-3863911133

 

3 Gedanken zu “Rezension: „Über Arbeiten und Fertigsein“ (Lehmann, Kling, Fischer, Martschinkowsky)

  1. Hallo 🙂
    Du erinnerst mich gerade daran, dass ich das Buch auch noch auf der Wunschliste stehen hatte 🙂
    Ich hab bisher nur Einzelbände einzelner Autoren/Kleinkünstler gelesen.
    Was ich immer spannend finde, ist, wenn man dann durch Zufall (oder Absicht, je nachdem) so einen Text mal auf der Bühne erlebt und mit dem eigenen Leseeindruck erlebt. Bei Sarah Bosetti (auch aus dem Hause Voland&Quist) ist mir das zuletzt passiert 🙂 Seitdem hab ich beim Lesen ihrer Texte immer ihre Pausen und ihre Stimme im Ohr 😀
    VG Jennifer
    #LitNetzwerk

    • Liebe Jennifer,

      ich erinnere sehr gerne an Wunschlistenbücher 😉 Und packe gerne noch ein paar auf die Liste dazu 😉

      Und dem Stimmen-Effekt kann ich nur zustimmen. Das ging mir mit dem Känguru so und auch jetzt mit QualityLand. Ich lese sogar, seit Benedict Cumberbatch ihn verkörpert hat, Hamlet mit dessen Stimme – aber ich habe sowieso eine Macke, was Stimmen anbelangt 😉

      Danke, dass Du vorbei geschaut hast!

      Liebe Grüße
      Sarah

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