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Literatur JETZT – vom Besuch eines Festivals

Posted on 30. Oktober 202530. Oktober 2025 by sschueck

Während ich diese Zeilen schreibe, geht draußen gerade die Sonne unter. Wir haben die Uhren auf Normalzeit gestellt und Du planst vielleicht schon Deine Weihnachtsgeschenke.

Ich dagegen sitze auf einem Haufen ungeschriebener Rezensionen und Lesungsberichte aus Frühjahr und (Spät-)Sommer. Darunter, besonders drängend der zum Literaturfestival „Literatur JETZT!“, das jährlich im September hier im Zentralwerk in Dresden stattfindet.

Disclaimer: An einigen Lesungen konnte ich dank eines Gästelistenplatzes teilnehmen. An dieser Stelle ein großes Danke ans Festivalteam dafür! Gleichzeitig bedeutet es natürlich nicht, dass ich in meiner Meinung über die einzelnen Programmpunkte irgendwie beeinflusst werde, oder hier nur nach Absprache berichte. Meine Meinung bleibt meine Meinung, dieser Beitrag ist maximal unbezahlte Werbung – und auch die kommt von Herzen, denn Spoiler: Das Festival ist ein Highlight in meinem Kalender!

Aber genug der Vorrede, hinein ins literarische Vergnügen:

Der Auftakt: „Das Pen!smuseum“ mit Mareike Fallwickl und Eva Reisinger

Los ging es mit der Lesung, die den wohl absurdesten Namen aller von mir besuchten Lesungen trägt – sponsored by beste Freundin. Dank der wunderbaren Marlene (aka @mallefitz auf Instagram) war mein manchmal absurd zögerliches Gehirn nicht dafür verantwortlich, vor verschlossener Tür zu enden. Denn die Veranstaltung war restlos ausverkauft! Sogar der nette Mensch vom Büchertisch verriet mir ein paar Tage später beim Schnack auf dem Festival, dass die „Pen!smuseum“-Bücher an dem Abend nicht gereicht hatten.

Mareike Fallwickl (l.) und Eva Reisinger (r.)
Mareike Fallwickl und Eva Reisinger

Ein klarer Fall von: Dieser Abend war ein voller Erfolg!

Es wurde auf der ziemlich gut durch-choreographierten Lesung oft bitterböse, das Lachen im Publikum entsprang dabei gemeinsamer wie auch individueller und Generationen überspannender Erfahrung mit Misogynie. Aber eben auch mit Freund*innenschaft, mit Schwesternschaft (und Trans* Menschen zählen hier explizit dazu) und mit dem (über-)lebenswichtigen Bilden von Banden.

Nach der Lesung (Marlene und ich ergatterten noch ein Buch, Danke Du Wunderbare!) gab es wohl ein kollektives Gefühl von „lass mal was anzünden – wir beginnen beim Patriarchat“. Wohl das beste aller Gefühle nach einer Lesung.

Tag zwei: Zwischen Lyrik, Nordsee und verpasstem Sternhimmel

Der Donnerstag des eigentlichen Festivals – die Lesung zuvor war ein zeitlich versetzter Startschuss – sah für mich volles Programm vor. Dank Gästelistenplätzen wollte und konnte ich sowohl den für mich alljährlich wichtigen „Lyrikparcours“ (in diesem Jahr mit Nail Doğans und Daniela Danz) besuchen, im Anschluss bei Kristine Bilkau Auszügen aus „Halbinsel“ lauschen und mir von Raoul Schrott den „Atlas der Sternenhimmel“ erklären lassen.

Das war zumindest der Plan.

Der Lyrikparcours

Los ging es mit dem Lyrikparcours, den Daniela Danz eröffnete, da Nail Doğans fälschlicherweise in Leipzig gelandet, noch auf dem Weg nach Dresden und leicht verspätet dann auch da war.

Die Besonderheit des Lyrikparcours ist auch, dass es – wie der Name vermuten lässt – eine „bewegte“ Lesung ist. Bedeutet: Als Publikum bewegt man sich zwischen den Lesungen durch das Zentralwerk, sieht Kunstwerke und die Geschichte dieses Ortes während live gespielte Musik das ganze untermalt. Die kam dieses Mal von Marieluise Herrmann, die mich mit Hackbrett und Ukulele begeisterte.

Auch die Lyrik – mal für mich direkt zugänglich mal „nur“ klanglich berührend – war wie jedes Jahr ein Highlight. Nicht immer muss man die Wortkombinationen mit dem Kopf verstehen, manchmal reicht es, ihnen nachzuspüren. Diese Übung liebe ich besonders und freue mich Jahr um Jahr auf die Gelegenheit hierzu. Lyriklesungen sind einfach viel zu selten – so gute sowieso.

Marieluise Herrmann
Nail Doğans
Marieluise Herrmann
Die Künstler*innen des Lyrikparcours (zwischen Marieluise Herrmann und Nail Doğans steht Daniela Danz)
Kunst im Zentralwerk
Kristine Bilkau (links) im Gespräch mit Katrin Schumacher
Kristine Bilkau und Katrin Schumacher im Gespräch
Anmoderation der Lesung von Kristine Bilkau: Ludwig Lohmann

Kristine Bilkau „Halbinsel“

Es ist allseits gut bekannt, dass ich ein Kind der Nordsee bin. Auch wenn mein Geburtsort anderes vermuten lässt, ist mir nichts lieber als das Rauschen des Blanken Hans – durchmischt mit Möwengeschrei und brausendem Wind.

Kein Wunder also, dass „Halbinsel“ schon länger auf meinem literarischen Radar war und ich, seit Kristine Bilkau den Preis der Leipziger Buchmesse 2025 in der Kategorie Belletristik gewann, auf eine Lesung in meiner Nähe gehofft hatte.

Das Besondere: Diese Lesung kannst Du Dir sogar noch anhören! Sie wurde nämlich aufgezeichnet von MDR Kultur.

Hier kommst Du zur Aufzeichnung bei MDR Kultur

Für mich war es eine dieser Lesungen die absolut rund waren: Mal abgesehen von der großartigen Technik, die oft unterschätzt wird und hier in perfekten Sound im Saal mündete – ich mochte die Moderation, die durchdachten Fragen und die bedachten Antworten. Ja, Autorin und Moderatorin kannten sich, aber es bestand nie der Eindruck, als wäre die Situation schon zigfach durchgespielt.

Wie gesagt, rundum gelungen.

Planänderung

Leider schlug dann das zu, was ich befürchtet hatte. Durch die sehr laute Pausenmusik (ich saß erste Reihe und leider direkt vor einem Lautsprecher) in Kombination mit einem während besagter Pause ebenfalls extrem lauten Publikum hinter mir, setzten während der Lesung von Kristine Bilkau Kopfschmerzen ein. Damit war für mich der Abend leider beendet und ich konnte, obwohl ich es so gerne wollte, nicht mehr zu Raoul Schrott gehen. Und ja, das nagt auch einen Monat danach noch sehr.

Mein Tag 2 – der dritte Festivaltag

Der nächste Festivalbesuch begann spontan früher. Zwar stand ich für die Lesung von Julia Schoch erneut auf der Gästeliste, aber der Programmpunkt davor – „Schwarze Wut und weiße Schuld“, eine Lesung bzw. ein Gespräch mit Raphaëlle Red und Lene Albrecht – klang einfach zu interessant. Die Karte kaufte ich mir also spontan an der Abendkasse und los ging es.

Raphaëlle Red und Lene Albrecht

Zunächst war da ein leerenr Saal. Zugegeben: Es ist befremdlich, 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn als einzige im Publikum zu sitzen. Zum Glück kamen dann noch ein paar weitere Menschen dazu, ich hätte mir aber gerade für diesen Programmpunkt mehr Publikum gewünscht. Vielleicht lag das auch an der zeitlichen Überschneidung zu Julia Schoch. Deren Lesung ging um 18 Uhr los, die Gesprächsrunde mit Raphaëlle Red und Lene Albrecht um 17 Uhr. Eine bessere Taktung wäre hier super gewesen.

Als der famose Ludwig Lohmann – man kennt ihn unter anderem als eine Stimme des von mir so gemochten Podcasts blauschwarzberlin – das Gespräch eröffnete, kündigte er direkt an, dass diejenigen von uns, die auch Julia Schoch sehen wollten, kurz vor deren Lesungsbeginn dann den Saal wechseln könnten.

Ludwig Lohmann, Lene Albrecht und Raphaëlle Red
Lene Albrecht und Raphaëlle Red
Raphaëlle Red
Lene Albrecht

Ich war damit eine derjenigen die aus der hochinteressanten Diskussion rausging. Eine Diskussion, die nicht nur literarisch viel zu bieten hatte, sondern auch viel Wissen in Bezug auf Rassismus-Dimensionen vermittelte. Allein der Einstieg über einen kurzen Abriss deutscher Kolonialgeschichte war ein großartiger Kniff. So wussten alle im Publikum, auf Basis welchen Wissens diskutiert würde. Großartig! Ebenso die klugen und reflektierten Argumente und Gedanken der Autorinnen – man konnte sich ihren Worten nicht entziehen. So, ja exakt so müssen Lesungen!

Und ich gebe zu: Im Nachhinein hätte ich sitzen bleiben müssen.

Ich hätte als weiße Frau nicht die Lesung einer weißen Frau vorziehen dürfen, während es um Rassismus geht und eine Schwarze Autorin auf der Bühne sitzt. Es war falsch, zu gehen – das war mir sogar in dem Moment bewusst, als ich mich im Gehen befand. Aber mein Kopf, der bloß nie auffallen will, wählte in dem Moment das Mitlaufen mit der Menge.

Wie symbolisch. Wie schwierig. Und auch: Wie unbedacht von mir, hätte ich doch hier noch so viel mehr lernen können.

Julia Schoch: „Wild nach einem wilden Traum“

Die Trilogie „Biografie einer Frau“ las ich in diesem Jahr im Rahmen von Marias Lesekreis und schrieb hier über meine Eindrücke. Das ist auch ein Grund, weshalb ich mir die Lesung im Rahmen des Festivals nicht entgehen lassen wollte.

Dieser Programmteil begann mit einer kurzen Filmsequenz aus dem Film, den Julia Schoch anlässlich ihrer Arbeit als Mainzer Stadtschreiberin 2024 drehen ließ. Ihr Ansatz bei diesem Film war auch der thematische Ausgangspunkt der Lesung. Denn die Frage lautet oft: Wer spricht da, wenn es im Text „Ich“ heißt.

Du findest den Film hier in der ZDF Mediathek.

Ich war sofort fasziniert von dieser Frau auf der Bühne, die sich gleichzeitig der Frage nach dem „Wie autobiografisch ist ihr Werk?“ entzog und es doch thematisierte. Durch meinen eigenen Text – „Siebeneinhalb Minuten“, erschienen diesen August im digitalen Magazin Zarte Horizontale – wurde ich bereits mit dieser Frage konfrontiert. Ich sog folglich besonders aufmerksam alle Worte auf, die Julia Schoch auf der Bühne sprach.

Julia Schoch im Gespräch mit Helge Pfannenschmidt
Julia Schoch im Gespräch mit Helge Pfannenschmidt

Fazit: Bestes Festival

Insgesamt drei Abende voller Lesungen, Literatur und kluger Gespräche zeigten mir wieder einmal, wie großartig der eigene Horizont durch das geschriebene Wort erweitert werden kann. Der Wunsch, das Patriarchat abzufackeln, der Sound der Lyrik, die schmerzhafte Lektion in Sachen Rassismus und auch die Gedanken zum „Ich“ in Texten bleiben auch nach einem Monat noch sehr präsent – und ich freue mich jetzt schon auf das nächste Festival.

Komplett unbezahlt und aus tiefster Überzeugung kann ich also das folgende Tippen: Falls ihr Ende September mal in Dresden seid, geht unbedingt zum Literatur JETZT!-Festival!

Category: Allgemein, Büchersucht, Lesung

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