Vor einigen – vielen – Tagen ging der erste Teil dieser Beitragsreihe online – hier kommt nun Teil 2 von 3. Die Verspätung liegt an einer kleinen Seuche, die mich erwischt hat, sorry dafür. Gerne könnt Ihr unter dem Beitrag (diesem oder dem letzten) auch Fragen stellen, wenn Euch etwas unklar war, oder Ihr noch weitere Gedanken zum Thema habt. Es kann sein, dass ich dann auf Teil 3 verweise, aber abwarten 😉
4 Sicherer mit Rad und Roller?
In den Kommentaren unter Annas Tweet haben einige kommentiert, dass sie sich abends und in der Dämmerung/Dunkelheit sicherer fühlen würden, wenn sie mit dem Rad unterwegs wären. Ich selber kann das erstmal so unterschreiben, denn auf meinem Tretroller (auch bekannt als Öko-Harley oder „Kick-Board“) bin ich flott unterwegs und definitiv schneller als manch ein mittelmäßig trainierter potentiell angreifender Vollpfosten.
Ihr ahnt es schon – es folgt ein Aber:
So ein Rad ist schön und gut (und ein Roller sowieso!), aber die meisten von uns sind vermutlich im Stadtverkehr unterwegs und es nicht gewohnt, spontan beim Fahren „Haken“ zu schlagen. Wenn dann – vor allem in den dunkleren Monaten, in denen das Fahrrad ja Sicherheit geben soll – Nässe oder gar Glätte dazu kommen, kann auch das Fahrrad (und ein Roller halt auch) zum Sicherheitsrisiko werden. Übrigens auch, wenn Ihr das Fahrrad mit in Straßenbahnen nehmt. Wenn dann ein Idiot daherkommt und meint rumpöbeln zu müssen, sind Rad und Roller eher hinderlich.
Fühlt Ihr Euch mit Rad oder Roller sicherer, hilft das natürlich enorm, da Ihr diese Sicherheit ausstrahlt. Aber seid Euch bewusst, dass Ihr nicht unbesiegbar seid und es auch Vollidioten gibt, die die Nachteile der Fahrzeuge ausnutzen.
5 Pfefferspray
Geht es um Selbstverteidigung, kommt schnell das Thema Pfefferspray zur Sprache und der/die ein oder andere hat es vielleicht sogar in der Tasche bei sich. Deshalb zunächst etwas trockene Theorie – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich keine Rechtsanwältin bin, sondern Freund Google in die Spur geschickt habe:
Pfefferspray, so Wikipedia, enthält einen Reizstoff und wird als Distanzwaffe eingesetzt. Das enthaltene Capsaicin reizt alle Schleimhäute, die Augen brennen so stark, dass man sie kaum öffnen kann, Einatmen führt zu Husten und Atemnot und die Reizung der Haut kann bis zu 48h andauern.
In Deutschland gibt es rechtlich zwei Kategorien: Der Einsatz gegen Menschen fällt unter das Waffengesetz, der Einsatz gegen Tiere nicht – weshalb häufig „zur Abwehr von Tieren“ auf handelsübliche Pfeffersprays gedruckt wird. Außer in Notsituationen gilt der Einsatz gegen Menschen als Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung. Abwehrsprays gegen Menschen unterliegen noch einigen Einschränkungen, Sprays gegen Tiere nicht.
So viel zur irgendwie rechtlich auch reichlich verwirrenden Theorie. Die rechtliche Lage ist für mich persönlich auch ein Grund, dass ich so ein Spray nicht besitze – die folgenden Gründe wiegen ähnlich schwer, lasst Sie Euch bitte durch den Kopf gehen:
1.Die richtige Distanz:
Ich persönlich bin nicht sonderlich gut im Abschätzen von Distanzen. Pfefferspray ist wohl am effektivsten bei ca. 10-20m Entfernung. Alles was näher an einem selbst dran ist, kann dazu führen, dass man den Kram selbst einatmet.
Die erste Frage, die man sich stellen muss lautet also, ob man Distanzen gut genug einschätzen kann, um sich selbst nicht zu gefährden.
Aus der Erfahrung aus meinem Training kann ich sagen, dass ich persönlich das nicht kann und viele das erst einmal erlernen müssen.
Fazit: In meinem Fall führt mein schlechtes Verständnis von Distanzen mit ziemlicher Sicherheit zu einem vom Pfefferspray getriggerten Asthma-Anfall und macht mich so zu einem leichten Opfer.
2. Die angemessene Verteidigung?
Jeder Akt der Selbstverteidigung kann auch juristische Folgen nach sich ziehen. Wenn man sich § 32 StGB zum Thema Notwehr ansieht, wird deutlich, dass Notwehr der Verteidigung dient, eine Abwehrhandlung ist und erforderlich sein muss.
Erforderlich im juristischen Sinne bedeutet auch, dass das „geringste“ Mittel verwendet werden muss, um Schaden von jemandem/sich selbst abzuwenden.
Wenn man sich nun Situationen vorstellt, in denen der „sichere“ Einsatz von Pfefferspray auch angemessen ist, wird es schwierig. Die Situationen, vor denen man wohl am meisten Angst hat (z.B. ins Gebüsch gezerrt werden), sind mit direktem Kontakt verbunden – weshalb Pfefferspray (siehe A) ungeeignet ist. Situationen, in denen ein Angreifer weiter weg ist, sind vermutlich potentiell erst einmal „nur“ bedrohlich und nicht direkt gefährlich – weshalb es juristische Probleme geben dürfte, wenn man jeden „wegpfeffert“, der eventuell „nur“ pöbelt.
Fazit: Wenn ich das Opfer bin, soll meine Notwehr mich bitte nicht zum Täter machen.
3. Die Bedienweise
Jetzt mal Butter bei die Fische: Diejenigen von Euch, die ein Pfefferspray haben (also, weil sie Angst vor großen bösen Hunden oder so haben, versteht sich) – habt Ihr Euch das schonmal genauer angesehen? Wisst Ihr, wie das genau funktioniert? Habt Ihr es griffbereit? Kennt Ihr in jeder Situation die genaue Windrichtung?
Es gibt nämlich durchaus Laschen, die man noch hochschnipsen muss, bevor man den Sprühstoß auslösen kann. Manche Behälter sind so gestaltet, dass man erst einmal gucken muss, wo denn nun der Auslöser ist und wo dann das Spray rauskommen soll. Wenn das Spray seit Monaten in der untersten Ecke der Handtasche liegt, kommt ihr ohnehin nicht schnell genug ran. Und solltet Ihr es schnell genug in der Hand haben und sogar damit umgehen können, könnte Euch ein Windstoß aus der falschen Richtung alles ins eigene Gesicht wehen – kein angenehmer Gedanke.
Es gibt übrigens Testsprays, die u. a. in Schulungen eingesetzt werden und nur Wasser enthalten. Damit kann man üben wie sich das Spray verhält, ohne sich selbst (und andere) zu gefährden. Die sind auch frei verkäuflich – kosten aber ähnlich viel wie ein echtes Spray, weshalb sie vermutlich kaum jemand kauft.
Fazit: Ich habe mit höherer Wahrscheinlichkeit mein Handy oder einen Schlüssel in der Hand und müsste Pfefferspray wohl erst einmal suchen und dann überlegen, wie der Wind für mich möglichst günstig steht.
Praktisch ist das nicht.
Ihr seht: Für mich ist Pfefferspray keine Option. Denjenigen, die es dennoch in Erwägung ziehen, sei gesagt, dass es Kurse gibt, die derartige Abwehrwaffen in der Selbstverteidigung thematisieren und die Euch für den Ernstfall vermutlich eine realistische Chance geben.
6 Schlüssel, Rape-Alarm etc.
In den Kommentaren unter Annas Tweet wurde auch häufig erwähnt, dass die verschiedenen Schlüssel, die man so mit sich herumträgt, zwischen die Finger gesteckt gut als Waffe dienen können. Deshalb ganz kurz etwas zum Einsatz von Alltagsgegenständen, bzw. Alarmen, die man kaufen kann und die in Notsituationen zum extrem lauten Piepen gebracht werden können.
Zunächst zum Schlüssel: Viele, die sich in der Dunkelheit unwohl fühlen, nutzen die sonst eher unhandlichen unzähligen Schlüssel und stecken sie sich mit dem Bart nach außen zwischen die Finger, um im Notfall eine Waffe zur Hand zu haben, die wirklich schmerzt. Klar ist: Natürlich tut ein Schlag damit weh. Wenn Ihr Euch damit also sicherer fühlt, macht es. Denkt aber auch daran, dass Ihr Euch selbst damit verletzen könntet.
Im Übrigen taugt jeder Alltagsgegenstand als Schlagwaffe. Ihr habt Euer Handy in der Hand? Selbst die abgerundeten Ecken tun ziemlich weh. Ihr lest gerade ein Buch? Im Idealfall ist es ein Hardcover, aber auch Taschenbücher eignen sich. Ihr habt Eure Handtasche im wahrsten Sinne griffbereit? Mit genügend Schwung ist selbst eine kleine Clutch nicht ohne. Wichtig ist nur: Es ist völlig egal, was mit den Gegenständen passiert. Wenn es tatsächlich zum Ernstfall kommt, geht nur Eure Unversehrtheit vor. Alles andere kann man ersetzen.
Es gibt in letzter Zeit – gerade jetzt, da es früher dunkel wird – die Empfehlung, sich einen sogenannten „Rape-Alarm“ zuzulegen. Das sind kleine Geräte, zumeist Schlüsselanhänger, die gelinde gesagt einen höllischen Lärm verursachen können. Damit kann man auf sich aufmerksam machen und um Hilfe rufen, wenn die eigene Stimme versagt bzw. nicht weit genug trägt. Die Teile kosten nicht viel und sind meist per Knopfdruck bedienbar. (Und, neben dem Ohr eines Angreifers ausgelöst, sind die Teile wirklich teuflisch…)
Aber auch hier gibt es ein paar Dinge zu beachten: Wie beim Pfefferspray gilt auch hier, dass Ihr den Alarm im Notfall halt auch in der Hand haben müsst. Zudem gibt es, soweit ich weiß, zwei Versionen: Bei Version eins wird der Ton per Knopfdruck, gezogenem Stäbchen oder Kippschalter ausgelöst und schrillt auch dann noch, wenn ihr den Finger vom Auslöser nehmt. Mal abgesehen davon, dass Ihr Euch vorher mal ansehen solltet, wie das Teil genau funktioniert, ist das recht sicher. Version zwei dieser Geräte hat nämlich den Nachteil, dass der Knopf gedrückt bleiben muss, damit der Ton schrillt. Sollte Euch das Gerät also aus der Hand geschlagen werden, verstummt der Ton – und Ihr geratet womöglich erst recht in Panik.
Inwieweit dieser Alarm wirklich hilfreich ist, kann ich nicht beurteilen. Er verleiht Euch vielleicht ein sichereres Gefühl, wodurch sich Euer Auftreten verändert, was Euch von vornherein schützt. Oder der Ton schreckt Angreifer tatsächlich ab – das wäre ideal. Im blödesten Fall denkt die umherliegende Nachbarschaft, dass da draußen wieder irgendein Trottel seine Alarmanlage vom Auto zu sensibel geschaltet hat (kam bei mir schon öfters vor) und keiner reagiert. Verlasst Euch also niemals auf solche Gerätschaften und habt immer einen Plan B.
Einige Bekannte von mir besitzen diese Teile und haben sie am Schlüsselbund hängen (aus oben beschriebenem Grund). Das kann aber auch dazu führen, dass mitten im Kinosaal plötzlich der Alarm losgeht, weil sich in der Handtasche etwas verschoben hat… Peinlich 😉
Am stärksten empfohlen wurde mir im Selbstbehauptungskurs ein Kobutan als Schlüsselanhänger – es ist leicht, kann auf verschiedene Weise eingesetzt werden und ich habe keine Mühe mehr, meinen Schlüssel in der Tasche zu finden. ^^
Stimmt, die Teile sind praktisch – aber man muss auch damit umgehen können. Und das bedeutet, auch im Notfall unter Adrenalin damit umgehen können – deshalb sind solche Kurse umso wichtiger!