Rezension: „Stone Bruises“ (Simon Beckett)

In den letzten Tagen hat mich der Simon Beckett in Atem gehalten. Zum einen habe ich erfahren, dass er auf der Leipziger Buchmesse sein wird – dazu aber vermutlich kommende Woche mehr. Zum anderen habe ich bei LovelyBooks das Glück gehabt, in die Leserunde zu „Stone Bruises“ hineinzukommen. Auf Deutsch ist es kürzlich unter dem Titel „Der Hof“ im Wunderlich-Verlag erschienen. Gestern hatte ich es dann ausgelesen und eines schon mal vorweg: Ich finde diesen neuen Beckett einfach brilliant.

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Inhalt:

Wir treffen Sean, als er irgendwo in Frankreich in einem Auto fährt, dessen Tank fast leer ist. Er ist eindeutig auf der Flucht und der blutige, zerrissene Gurt des Beifahrersitzes sprechen nicht gerade für ein harmloses Vergehen. Mehr wird zunächst nicht bekannt, während wir ihn auf seiner Tour per Anhalter durch die Sommerhitze begleiten. Nicht immer nehmen ihn jedoch die wenigen Autofahrer mit und manchmal begegnet er auch Autos, die er lieber nicht sehen will: Beispielsweise einem Polizeiauto. Auf der Flucht davor, versteckt er sich im an die Straße grenzenden Wald. Leider hat er die Bärenfalle nicht gesehen und ohne Wasservorrat blutend im Wald zu liegen ist in der Sommerhitze keine gute Sache…

Als Sean wieder zu sich kommt, befindet er sich auf einem Hof, der von ein paar eigenartigen Charakteren bewohnt wird: Mathilde, einer sehr verschlossenen jungen Frau, ihrer Schwester Gretchen, deren sprunghaftes Verhalten sehr merkwürdig wirkt. Und dann ist da noch Arnaud, der Vater von Mathilde und Gretchen, der Sean wirklich nicht wohlgesonnen ist. Und sogar den kleinen Michel, das Baby von Mathilde, scheint ein Geheimnis zu umgeben.

Die Frage ist nun: Ist der Hof für Sean die Rettung – oder doch eher eine Falle?

Mein Eindruck:

„Stone Bruises“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und ich habe es nur ungern aus der Hand gelegt. Ein wenig ungewöhnlich – für mich aber dadurch umso interessanter – war der Spannungsbogen:

Sowohl der Anfang als auch das Ende sind sehr rasant geschrieben und haben meinen Puls definitiv merklich hochschnellen lassen. Der Mittelteil lebt dagegen durch die subtil aufgebaute Drohkulisse, die wesentlich stiller ist als Anfang und Ende, dadurch aber umso beklemmender wirkt. Auf mich wirkten diese Abschnitte so, als würde man den Soundtrack in einem Film langsam leiser drehen, bis man nur noch die eigentlichen Geräusche der Handlung vernimmt und die sonstige Stille beinahe erdrückend wirkt. Zu dieser Stimmung passen auch wunderbar die Beschreibungen der sommerlichen Hitze, der schwülen Luft und der Mangel an Wind.

Fazit:

Im Gegensatz zu manch anderem in der Leserunde bin ich überhaupt nicht enttäuscht von dem Ende des Buches. Es passte für mich perfekt zu meinem Eindruck der vorherigen Szenen – die ja dem Abschalten eines Soundtracks beim Film entsprachen und zum Schluss ist nun wirklich allerhand passiert.

Wie bei jedem Buch habe ich mir natürlich beim Lesen überlegt, in welche Richtung das Ende gehen könnte, und – in diesem Fall – welche Geheimnisse wohl auf dem Hof verborgen liegen. Dabei habe ich zwar an einigen Stellen Recht behalten, aber die Strukturen unter der Oberfläche des Lebens auf dieser Farm sind doch wesentlich vielschichtiger gewesen, als ich das vermutet hatte. Es waren so einige Überraschungen dabei.

Mir gefiel am Ende, dass die Geschichte zwar in sich abgeschlossen ist – man aber dennoch nicht genau weiß, wie es weiter geht. Es wurden alle Rätsel des Buches aufgelöst aber irgendwie bleibt die Geschichte ohne definitives Ende – in diesem Fall ist das in meinen Augen die richtige Methode gewesen, um das Buch zu beenden.
Und dann gibt es ja noch die Diskussion, ob „Stone Bruises“ / „Der Hof“ ein „typischer Beckett“ ist. Für mich war das einer. Typisch – in meinen Augen – ist für Beckett eine sehr klare, präzise Schreibweise mit wenigen Schnörkeln und das Erzählen von vielschichtigen Handlungen, die am Ende zu Ende erzählt, aber nicht komplett abgeschlossen sind. Das trifft auch hier wieder zu. Ansonsten unterscheidet sich das Buch natürlich sehr von den David Hunter-Romanen, aber das soll ja auch so sein.

Mich jedenfalls hat von Anfang an dieser subtile Spannungsaufbau gepackt gehabt, wobei Anfang und Ende am dynamischsten waren und der Mittelteil in meinen Augen von dieser Drohkulisse lebte.

5 von 5 Sternen.

Weiteres zum Buch: 

[Englisch]

  • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
  • Verlag: Bantam Press (30. Januar 2014)
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-10: 0593073282
  • ISBN-13: 978-0593073285

[Deutsch]

  • Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
  • Verlag: Wunderlich (1. Februar 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3805250681
  • ISBN-13: 978-3805250689

7 Gedanken zu “Rezension: „Stone Bruises“ (Simon Beckett)

  1. Hallo. Mich hat leider das Ende etwas enttäuscht. Nach dem Spannungsaufbau hatte ich mehr erwartet. Es war dann irgendwie ganz schnell zu Ende. Zwar mit Paukenschlag, aber irgendwie enttäuschend.

    • Das tut mir leid für Dich.

      Ich fand den etwas ungewöhnlichen Spannungsaufbau (Anfang schnell, Ende schnell, Mittelteil langsamer und dadurch für mich sehr bedrohlich) sehr interessant – die meisten Geschichten in der Spannungsliteratur werden ja eher über das übliche „Glockenkurven“-Schema erzählt.

      Hast Du denn vor „Stone Bruises“ schon andere Becketts gelesen?

        • Ich muss sagen, die Hunter-Reihe gefiel mir auch einen Tick besser, aber das liegt daran, dass ich da zur Hauptfigur schon mehr Zeit hatte eine Beziehung aufzubauen.

          Soweit ich weiß, arbeitet er an einem Folgeroman – ich kann ihn ja, wenn alles gut geht, auf der Buchmesse mal fragen, wie es aussieht 😉 Also… Wenn ich vor Aufregung einen gescheiten Satz rauskriege ^^

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