Rezension: „Dann mach doch die Bluse zu“ (Birgit Kelle)

Vor einigen Wochen las ich einen höchst interessanten Artikel auf den Seiten der Wirtschaftswoche, in dem mehr Freiheit für Familien gefordert wurde. Mehr Freiheit im Sinne von: Entscheidungsfreiheit, das Familienleben so zu organisieren, wie die Familie es für richtig hält – und nicht, wie es am besten in die Statistiken des Staates passt.

Es wurde auch auf das Buch von Birgit Kelle, der Autorin des Artikels, verwiesen und – neugierig geworden – recherchierte ich ein wenig. Das Buch klang sehr interessant, der Untertitel  – „Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn“ – sprach mich sofort an, bin ich doch jemand, der Gleichheit für unmöglich hält und lieber größtmögliche Vielfalt um sich herum hat.

GER-0178-13 Birgit Kelle Cover RZ.indd

Inhalt:

Birgit Kelle, Journalistin, nahm die Sexismus-Debatte um Rainer Brüderle zum Anlass, den provokanten Artikel „Dann mach doch die Bluse zu“ für das Magazin „The European“ zu schreiben, der auch ihrem Buch den Namen gibt.

Man mag meinen, es sei ein provokantes Buch – schreibt Birgit Kelle darin doch, dass Frauen nicht unbedingt Karriere machen müssen, dass Kinder nicht unbedingt in den „Genuss“ von Krippen kommen müssen, dass Frauen und Männer halt doch letztlich eines sind: Unterschiedlich.

Letztlich fordert sie jedoch nur etwas, das man unter Einsatz von ein wenig gesundem Menschenverstand nur logisch finden kann: Die Freiheit, sich als Frau auch für das Leben als Hausfrau entscheiden zu dürfen, die Freiheit, die Kinder selbst die ersten Jahre – oder auch länger – betreuuen zu dürfen und die Freiheit, anders sein zu dürfen als ein Mann.

Man sollte Birgit Kelle nicht falsch verstehen – und wenn man das Buch aufmerksam liest, kann man das auch nicht – sie fordert keine Rückschritte, was die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau anbelangt. Sie verlangt lediglich, dass ein jeder – egal welches Geschlecht er haben mag – die Freiheit zugestanden bekommt, über sein eigenes Leben und sein Familienleben selbst entscheiden zu dürfen, anstatt sich etwas vom Staat oder angeblich gutmeinenden Meinungsführern vorschreiben zu lassen. Birgit Kelles Buch ist ein Plädoyer für größtmögliche Vielfalt in den Lebenswegen und gegen die Bevormundung durch andere, die meinen, doch so viel besser zu wissen, was gut für den Einzelnen ist. Und es ist ein Plädoyer für die Familie.

Und ist das nicht eigentlich das, was der gesunde Menschenverstand nahelegt?

Mein Eindruck:

Das erste was mir auffiel – neben dem grellen Cover – war eine Vorbemerkung, die mir die Autorin sofort sympathisch werden ließ: „Dieses Buch ist nicht in gendersensibler Sprache geschrieben. Ich vertraue in der Sache auf Ihren gesunden Menschenverstand.“ – Auf Deutsch: Diese ganze umständliche Sprachhudelei, die mir persönlich sehr schnell auf den Wecker fällt, wird einfach mal beiseite geschoben und vorausgesetzt, dass der Leser weiß, das in dem Buch schon niemand diskriminiert werden soll. Eine herrliche Lösung, so ganz simpel auf die Intelligenz des Lesers zu setzen.

Intelligent ist auch ein Adjektiv, mit dem sich das Buch beschreiben lässt. Birgit Kelle schreibt nicht nur auf sehr selbstbewusste Art und Weise – frei von jeglichem Selbstmitleid – und sehr humorvoll, nein sie schreibt auch erfrischend gut recherchiert. Selten habe ich außerhalb von Fachliteratur Texte gelesen, die so fundiert durchdacht und durch diverse Quellen untermauert sind. Noch seltener ist es – fernab der Fachliteratur – dass statistische Erkenntnisse tatsächlich differenziert durchdacht werden. Beides ist jedoch hier der Fall.
Birgit Kelle zeigt die Absurditäten aktueller Diskussionen auf, plädiert für mehr Entscheidungsspielraum und vor allem für die Möglichkeit, sich ohne Rechtfertigungen einfach für einen Lebensweg entscheiden zu dürfen. Und sie plädiert auch dafür, dass Familien Familien sein dürfen, dass Tradition nichts Schlechtes ist, und Bestand haben muss.

Birgit Kelle weiß um die Erfolge der Gleichberechtigung, zeigt aber die Konsequenzen auf, die durch Gleichmacherei auf uns warten. Gleichmacherei heißt letztendlich immer Zwang, denn wir sind Individuen und wollen uns dementsprechend entfalten können. Doch das erste, das durch die Gleichmacherei verloren geht, ist die Individualität. Ein schrecklicher Verlust, wenn man mich fragt.

Liebe Frau Kelle – diesen Satz haben sie, wie im Buch beschrieben, bereits häufiger gehört, aber ich muss ihn hier einfach einmal hinschreiben: Sie sprechen mir aus der Seele!

Fazit:

Ein kluges Buch. Ein humorvolles Buch. Ein gut recherchiertes Buch. Ein sehr aktuelles Buch. Man muss sicher nicht jedem Satz zustimmen, der in diesem Buch geschrieben steht, aber man sollte dem Tenor des Buches zustimmen: Jeder sollte so leben dürfen, wie er es für richtig hält. Ob als Karrierefrau, als Hausfrau, als Hausmann, als Karrieremann oder irgendwie doch anders. Jeder sollte individuell die für sich – und seine Familie – richtige Lösung finden dürfen, ohne, dass Lösungen vom Staat oder Talkshow-Moralaposteln aufgezwungen werden.

Ein äußerst lesenswertes Buch. Ein sehr empfehlenswertes Buch.

Fünf von fünf Sternen.

Weiteres zum Buch

http://www.youtube.com/watch?v=8ksfBB9NDNs

  • Gebundene Ausgabe: 221 Seiten
  • Verlag: Adeo; Auflage: 1., Aufl. (2. September 2013)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3942208091
  • ISBN-13: 978-3942208093

Ein herzlicher Dank an dieser Stelle an den Adeo-Verlag, der mir das Buch freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, und an Frau Kelle für die interessanten Lesestunden, die Denkanregungen und Ihre Bestrebungen, für den Einsatz des gesunden Menschenverstands zu kämpfen.

3 Gedanken zu “Rezension: „Dann mach doch die Bluse zu“ (Birgit Kelle)

  1. Nette Rezension. Da ich das Buch (noch) nicht gelesen habe, kann ich nicht beurteilen, ob sie Frau Kelle etwas in den Mund legen, was sie gar nicht gesagt/geschrieben hat, oder auch nicht. Daher muss ich hier nachfragen. Z.B.: schreiben sie:

    „Letztlich fordert sie jedoch nur etwas, das man unter Einsatz von ein wenig gesundem Menschenverstand nur logisch finden kann: Die Freiheit, sich als Frau auch für das Leben als Hausfrau entscheiden zu dürfen,…“

    Da fehlt mir der „Menschenverstand“ (oder doch der Frauenverstand?) um das zu verstehen. Woher soll diese Freiheit denn kommen? Von wem? Wer soll ihnen diese Freiheit schenken oder gewähren?

    Doch wohl nur ein Mann/Frau/x-beliebige andere Person, die meinen/ihren Lebensentwurf der Hausfrau finanziert, denn „Hausfrau“ ist ja bekanntlich keine Erwerbstätigkeit. Insofern kann die Entscheidung oder die Freiheit, als Hausfrau zu leben, niemals ein Recht sein, das jemandem per se zusteht. Oder meinen sie bzw. Frau Kelle, „Hausfrau“ müsse als Erwerbstätigkeit anerkannt werden, mitsamt Kollektivvertrag?

    Das wäre der erste Job, für den sich jedermann (oder doch nur Frau?) selbst einstellen kann. Und der Staat müsste mich bezahlen, ob er will oder nicht. Das kann´s ja auch nicht sein…

    • Zunächst einmal danke für Ihren Kommentar und eine Anmerkung vorab: Ich bemühe mich stets darum, den Autoren der von mir rezensierten Bücher nichts in den Mund zu legen, ich gebe lediglich wider, wie die Aussagen bei mir angekommen sind. Im Folgenden also, wie ich Frau Kelles Aussagen verstanden habe.

      Es geht um die grundlegende Freiheit, sich – ganz unabhängig von „Finanzierungsmöglichkeiten“ – für ein Leben als Hausfrau zu entscheiden. Also darum, zu sagen „Ich bleibe bei den Kindern, halte meinem Mann den Rücken frei und verlasse mich auf sein Gehalt“. Es geht Frau Kelle nicht darum, diese Lebensweise für jede Frau bezahlbar zu machen – also quasi die Männer zum Arbeiten „zu verdonnern“. Es geht ihr darum, dass sich Frauen, die – gemeinsam mit ihren Männern – eine Entscheidung für diesen Lebensweg getroffen haben, nicht dafür rechtfertigen müssen. Sie sollen sich nicht anhören, dass sie ja „nur“ den Haushalt schmeißen, „auf Karriere verzichtet“ haben und sich „aushalten“ lassen.

      Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass man sich auch als Tochter einer Hausfrau solche Sprüche anhören muss. Dabei geht es aber niemanden an, weshalb meine Eltern diese Entscheidung getroffen haben, wie unsere Finanzen aussehen oder ob es vielleicht „doch Karrieremöglichkeiten“ für meine Mutter gegeben hätte. Sich in unsere Familienangelegenheiten – bzw. die meiner Eltern – einzumischen steht niemandem zu. Nicht den Nachbarn, den Kollegen, den Mitschülern und auch nicht den Lehrern.

      Zu Ihrer Frage, von wo diese Freiheit kommen soll: In meinen Augen direkt aus der Gesellschaft. Wenn Frauen sich permanent rechtfertigen müssen, warum und wie sie sich ihr Familienleben organisieren und ihnen dafür ein schlechtes Gewissen eingeredet wird, dann ist das eigentlich keine Entscheidungsfreiheit. Es ist nur das Dulden einer Entscheidung – Freiheit sieht für mich anders aus.

  2. Pingback: Update: Masterfront, Umzugsfront, Blogfront, Buchfront | Mein Blätterwald

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert