Rezension: „mausmeer“ (Tamara Bach)

Es gibt Bücher, die auf 1.000 Seiten – oder mehr – nur wenig Eindruck hinterlassen. Und dann gibt es diese Bücher, die keine 200 Seiten lang sind und deren Inhalt sich ins Gedächtnis einbrennt. So ein Buch ist „mausmeer“.

Vielen Dank an den Carlsen Verlag, der mir das Buch auf der Leipziger Buchmesse geschenkt hat.

(Foto: S. Schückel)

Inhalt:

Annika ist die große Schwester – die Vernünftige. Ben ist der kleine Bruder, der zwar gerade 18 geworden ist, aber dennoch von Problem zu Problem und Schlamassel zu Schlamassel läuft. Ben schnappt sich Annika und fährt noch einmal zum alten Haus des verstorbenen Opas, das so voller Erinnerungen steckt aber doch so anders ist. Dort, wo die Geschwister sich miteinander auseinandersetzen müssen.

Mein Eindruck:

Poetisch und philosophisch – dieser Ton wird im gesamten Buch angeschlagen und macht es dadurch zu einem Jugendbuch, das wenig typisch daherkommt. Das liegt auch daran, dass sich die Welt der Jugendlichen – oder eher, die jungen Erwachsenen – nicht in jedem Moment um (potentielle) romantische Partner dreht. Es geht um etwas, das in Jugendbüchern sehr häufig untergeht: Geschwister und deren stets einzigartiges Verhältnis zueinander.

Geschwister werden in Büchern oft sehr eindimensional beschrieben und häufig habe ich dabei das Gefühl, dass die Tatsache, dass es sich bei zwei Figuren um Geschwister handelt, nur um ein Mittel zum Zweck handelt, um die Geschichte voranzutreiben. Geschwister sind aber so viel mehr: Es sind häufig Personen, die ähnlicher und zugleich gegensätzlicher nicht sein können. Der gleiche Genpool und ein (oft) gemeinsames Elternhaus führen zu Persönlichkeiten, die in Bezug auf jede andere Person komplett alltäglich und banal wirken können – im Zusammenspiel jedoch explosiver sein können als viele andere Figurenkonstellationen.

Diese Besonderheit bringt Tamara Bach auf bezaubernde Art und Weise zu Papier. Ich selbst bin die kleine Schwester und habe eine große Schwester, d.h. meine familiäre Geschwisterkonstellation ist eine ganz andere, und doch habe ich mich in dieser Geschichte und der Beziehung von Ben und Annika wiedergefunden. Keiner kennt jemanden so gut, wie der/die eigene Schwester/Bruder. Niemand kann einen so schnell auf die Palme bringen – und niemand kann nur Sekunden später mit wenigen Worten oder gar nur einem Blick die Welt wieder ins Lot bringen.

Tamara Bach deutet stets nur an, was Annika und Ben in ihrem tiefsten Innern beschäftigt und trotzdem klingen die leisen Zwischentöne umso lauter, da ihre beinahe minimalistisch anmutende Sprache einen ganz eigenen Zauber ausstrahlt. Die einfachen und doch sehr lebendigen Dialoge lassen Ben und Annika ebenso real erscheinen, wie die Beschreibung ihrer manchmal beinahe philosophisch anmutenden Gedanken

             Stehe an der Weggabelung und bin keine Metapher

(S. 27)

Fazit:

„mausmeer“ von Tamara Bach ist ein zauberhaftes Buch, das die Vielschichtigkeit des Geschwister-Daseins perfekt einfängt. Der schnelle Wechsel zwischen Unzertrennlichkeit und Abgrenzung, der diese Beziehungen oft charakterisiert, ist perfekt dargestellt. Es ist definitiv ein Buch, das ich immer wieder zur Hand nehmen werde.

Mehr zum Buch:*

  • Preis: 12,99€
  • Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
  • Verlag / Leseprobe: Carlsen Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 9783551583802
  • ISBN-13: 978-3551583802

 

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