Rezension: „Im Turm des Panopticons“ (Daniela Rohr)

Vor einiger Zeit schrieb mich Daniela Rohr an und fragte, ob ich nicht Lust hätte, eines ihrer Bücher zu lesen und zu rezensieren. Ein Blick auf ihre Homepage verriet, dass ich dort mal wieder neues Sci-Fi-Lesefutter finden könnte und da ich lange nicht mehr in diesem Genre unterwegs war, sagte ich zu.

Kurze Zeit später fand eine 100-Seiten Novelle den Weg auf meinen Kindle und ich freue mich, Euch diese Geschichte vorstellen zu können.

Panopricon

(Foto: Privat)

Inhalt:

Linea Wermut arbeitet im Panopticon, einem gläsernen Gefängnis im Weltall, in dem sie als Wärterin permanent die Insassen überwacht. Einzige Abwechslung bieten die wenigen Gespräche mit ihrem Freund und dem Bordcomputer. Gegen diesen spielt sie zur Abwechslung Schach und in ihrer beengten Kapsel gibt es ansonsten nur ein Bett und einen Fitnessgerät.

Kurz gesagt: Linea sitzt den ganzen Tag vor dem Bildschirm und beobachtet die Gefangenen in ihren Glaszellen.

Dann jedoch fällt ihr das eigenartige Verhalten einiger Gefängnisinsassen auf und irgendwie scheint sie nun diejenige zu sein, die beobachtet wird – ohne, dass dies eigentlich möglich sein sollte. Die Vorfälle häufen sich und Linea steht vor einer entscheidenden Frage.

Mein Eindruck:

Von Anfang an hat mich die Sprache, mit der Daniela Rohr das Panopticon beschreibt, fasziniert und in die Geschichte hinein katapultiert. Man ist direkt bei Linea in diesem riesigen Glaskasten mitten im Weltall und wundert sich mit Linea über das sonderbare Verhalten der Gefangenen.

Interessanterweise denkt man beim Lesen auch über die Dinge nach, die nur am Rande über die Welt erwähnt werden, in der das Panopticon existiert – beispielsweise über die (recht aktuelle) Frage nach den Grenzen, die man bei der Überwachung von Menschen überschreitet oder nicht überschreiten sollte.

Anfangs habe ich mich ein wenig gewundert, weshalb das Setting im Panopticon doch recht wenig nach Science Fiction aussieht – sieht man mal davon ab, dass es sich im Weltall befindet. Nach und nach änderte sich dieser Eindruck jedoch und zum Schluss ergab auch das einen Sinn.

Sowieso ist es schwer, etwas über die Novelle zu schreiben, ohne auf den Schluss zu sprechen zu kommen – und über den Schluss möchte ich hier nichts schreiben, denn jedes Wort ist eigentlich ein Spoiler zu viel.

Fazit:

In Vermeidung aller Spoiler – soweit das möglich ist – kann ich nur folgendes schreiben: Diese Novelle ist eine Geschichte, die einen überrascht. Und zwar so richtig. Und es ist eine Geschichte, die noch lange nachhallt. Ich persönlich habe sie mit in meine Träume genommen und das schaffen – trotz der vielen Bücher, die ich verschlinge – nur wenige Geschichten.

Ganz eindeutig eine Leseempfehlung und:

5 von 5 Sternen.

Ich freue mich, dass Daniela mir zu ihrer Novelle noch drei Fragen beantwortet hat. Quasi ein Kurz-Interview:

Sarah: Man hört ja von Autoren immer die interessantesten Erzählungen dazu, wie die Idee zur jeweiligen Geschichte aufgetaucht ist. Deshalb meine Frage: Woher stammt die Idee?

Daniela: Ich wollte eine Geschichte schreiben, die das immer noch aktuelle Thema Überwachung aufgreift. Während meiner Internetrecherche stolperte ich in einem Artikel, der den NSA-Skandal behandelte, über das Wort »Panopticon«. Ich kannte das Wort nicht – mein Rechtschreibprogramm übrigens auch nicht – und verwechselte es daher mit dem Panoptikum, was mich etwas irritierte.

Also machte ich mich schlau und fand neben diversen Artikeln auch ein paar Bilder von Gefängnissen, die wie ein Panopticon aufgebaut waren. Eines davon gruselte mich besonders. Es zeigte die Umrisse der Insassen, die in ihren Zellen standen. Ein sehr atmosphärisches Bild, bei dem mich vor allem die Perspektive faszinierte. Denn der Fotograf hatte nicht die Sicht eines Gefangenen gewählt, sondern die eines Wärters.

Somit war klar, aus welchem Blickwinkel ich erzählen würde.

Da ich meinem Genre Science-Fiction treu bleiben wollte, und es ohnehin noch viel beklemmender wirken würde, wenn der Wärter gar nicht aus seinem Turm heraus kann, entschied ich mich dazu, die Geschehnisse in einem Raumschiff spielen zu lassen. Soweit zur Grundidee.

Sarah: Ohne zu viel vom Ende vorweg zu nehmen, kann man sagen, dass es den Leser sehr überrascht. Wie muss ich mir das Schreiben dieser Geschichte vorstellen – kam das Ende zuerst oder doch der Anfang?

Daniela: Ganz klar der Anfang – wie man an meiner Ideenfindung vielleicht auch sieht. Der Twist entstand aus einer sehr, sehr langen Überlegung, wie ich die Geschichte zum Ende hin drehen könnte, ohne den Leser mit einer Auflösung zu langweilen, die man so oder so ähnlich schon tausendmal gesehen oder gelesen hat. Denn irgendwie war ja alles schon einmal da. Und gerade solche Geschichten schreien danach, dass man auf eine völlig falsche Fährte gelockt wird. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Wie ich dann so eine Erzählung aufbaue, damit später alle Einzelheiten und Verstrickungen stimmen, ist genaueste Planung. Jedes Kapitel liegt bereits in Kurzzusammenfassung vor mir, bevor ich auch nur ein einziges Wort der eigentlichen Geschichte schreibe. Ich würde mich sonst völlig verzetteln.

Sarah: Autorinnen scheinen es irgendwie – so zumindest das Klischee – nicht so leicht in der Science Fiction zu haben. Was ist es, das Dich an diesem Genre so reizt? Und könntest Du Dir vorstellen, etwas ganz anderes zu schreiben?

Daniela: Das Klischee rührt vermutlich daher, dass Science-Fiction mit Technik und Wissenschaft in Verbindung gebracht wird. Ich bin zwar kein Physiker oder sonst wie wissenschaftlich qualifiziert für die sogenannte »Hard SF«, aber ich interessiere mich durchaus für solche Themen. Astronomie zu studieren war tatsächlich mal eine kurze Überlegung, aber dafür reichte dann meine begrenzte Leidenschaft für Zahlen und Formeln nicht aus.

Es gibt aber auch viele andere Aspekte, die das Genre für mich so interessant machen. Neben Überlegungen zur Technik der Zukunft, Umstände der Raumfahrt und wie es auf anderen Planeten aussehen könnte, reizen mich vor allem die unendlichen Möglichkeiten zur Gestaltung fremder Wesen: ihr Äußeres, ihre Eigenarten, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es zu den Menschen geben könnte und wie sich eine Interaktion zwischen verschiedenen Spezies darstellen würde.

Derzeit entwickle ich ein ganzes Universum mit mehreren Kulturen, die alle ihre ganz eigenen Gesetze und Regeln, Götter, Rituale, Speisen und Arten des Zusammenlebens haben. Außerdem kann ich dadurch irdische Probleme in überspitzter Form auf andere Lebensformen projizieren, ohne jemandem auf die Füße zu treten. Aber es müssen ja auch nicht immer Außerirdische vorkommen, wie »Im Turm des Panopticons« beweist. Das ist ja das Schöne an dem Genre – dass es so vielseitig ist.

Da ich in meinem ersten und auch in meinem nächsten Buch vermehrt in die humoristische Ecke gehe, und auch bereits Drehbücher für Komödien geschrieben habe, wäre das wohl meine zweite Wahl, wenn ich keine Lust mehr auf Science-Fiction hätte. Fantasy finde ich aber auch sehr reizvoll, wobei ich ohnehin schon Science-Fiction mit Fantasyelementen bestücke, denn sonst wäre es ja Hard-SF. Was ich mir hingegen gar nicht vorstellen kann, Chick lit oder Liebesromane zu schreiben. Dafür bin ich wohl zu wenig Romantikerin.

Weiteres zum Buch:

 

  • Seitenzahl: 102
  • Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform (18. Dezember 2013)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1494724294
  • ISBN-13: 978-1494724290
  • Preis TB: 5,49€ / Preis eBook: 2,99€

 

In der „Reading Challenge 2015“ zählt es als A book set in the future.

3 Gedanken zu “Rezension: „Im Turm des Panopticons“ (Daniela Rohr)

  1. Das Buch klingt ja wirklich interessant, auch wenn ich mit Sci-Fi bisher noch nicht viel zu tun hatte. 😀 Aber deine Rezis sorgen immer dafür, dass man noch mal genauer hinschaut und über das Buch nachdenkt. 😀
    Und das Kurz-Interview ist wirklich schön. Die Fragen sind super.

  2. Pingback: Sparstrumpfchallenge #4 – und diesmal bin ich auch dabei | Studierenichtdeinleben

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