„Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ (Sarah Lorenz) – Rezension

[Rezensionsexemplar]

Merkt man immer sofort, wenn ein*e Autor*in für die eigene Lesebiografie unersetzlich wird?

Die Protagonistin in “Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken” – Elisa – schien sofort gewusst zu haben, dass Mascha Kaléko etwas ganz besonderes ist.

Bei mir war das anders: Ich weiß nicht einmal mehr, wann ich das erste Mal etwas von Mascha Kaléko las. In der Schule war es jedenfalls nicht. Vor einiger Zeit gab es in meiner Lieblingsquizshow eine Frage zu ihr, die ich ganz leicht beantworten konnte – während meine ebenfalls quizaffinen Eltern raten mussten. Es gab also irgendwann zwischen Ende der Schulzeit und dieser Quizfrage den Moment, in dem ich das erste Mal etwas von ihr las. Ich finde es ein wenig schade, dass dieser Augenblick mir nicht im Gedächtnis geblieben ist. Die Welt mit Kaléko-Lyrik in meinem Kopf ist auf jeden Fall eine schönere.

Was beneide ich alle Menschen, die dank Sarah Lorenz’ Buch die Worte Kalékos entdecken dürfen. Nicht nur, dass sie erstmals die zauberhaften Verse dieser Poetin lesen, nein, sie lernen die Lyrikerin auch durch die Augen einer Schriftstellerin kennen. Noch dazu einer Schriftstellerin, die ihre eigene Begeisterung und Verehrung von Kalékos Werk in Worte zu gießen weiß.

Während sie schonungslos schildert, wie die behütete Kindheit von Elisa zerbricht und ihr Leben alles andere als in geraden Bahnen verläuft, verleiht sie ihr gleichzeitig durch ihre berührende Sprache eine Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Selten habe ich so wenig mit einer Protagonistin gemein und fühle mich ihr gleichzeitig so nah und verbunden.

Eingewoben in die Erzählung ist immer wieder Mascha Kaléko. Jedes Kapitel beginnt mit einem ihrer Gedichte – darunter viele meiner Lieblinge, aber auch mir bislang unbekannte Zeilen. Auch im Text selbst schimmert hier und da ein Zitat hervor und fügt sich dabei ganz wunderbar in den Sound von Sarah Lorenz’ eigener Sprache ein. Stellenweise wäre ich gerne länger in den Szenen geblieben, bei anderen Kapiteln wiederum war ich dankbar, dass sie mir nicht noch mehr zugemutet hat.

Aber sowieso: Ihre Sprache! Poetisch, punkig, an passender Stelle nüchtern und dann wieder verträumt. Es ist schwer zu beschreiben, wie diese Autorin mit Worten spielt, weil sie definitiv einen ganz eigenen Klang hat. Ich weiß, dieses Buch ist ein Debüt, aber schon jetzt möchte ich sagen: Gebt mir einen Lorenz-Text und ich erkenne, dass er von Sarah ist.

Ich habe beim Lesen dieses Buches geweint und gelacht, sehr oft genickt und immer wieder tief durchatmen müssen. Mir wurde wieder einmal klar, was für ein unfassbares Glück ich mit dem Leben habe, das mir bislang vergönnt war.

Und nun gut: Ich weiß nicht mehr, wann ich das erste Mal etwas von Mascha Kaléko las. Aber ich weiß auf jeden Fall, wann ich das erste Buch von Sarah Lorenz gelesen habe. Und mit dem Sarah-Lorenz-Klang in meinem Kopf ist die Welt ebenfalls eine schönere.

Postkarten, die übereinander liegen und zum einen Mascha Kaléko zeigen, zum anderen das Buchcover von Sarah Lorenz.

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