Rezension: „Jack“ (Anthony McCarten)

Kennt Ihr diese Autoren, die einem bereits ein Begriff sind, bevor man eines ihrer Werke gelesen hat? Bei denen man das Lesegefühl beinahe spüren kann, ohne auch nur eines ihrer Bücher aufgeschlagen zu haben? Jack Kerouac ist für mich einer dieser Autoren. Anthony McCarten, der sich dieser Persönlichkeit in seinem neuesten Roman widmet, ist für mich zudem ein Garant für spannende und erhellende Lektüre.

Vielen Dank an den Diogenes Verlag, der mir das Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat!

(Foto: S. Schückel)

Worum geht es?

Jack Kerouac ist am Ende seiner Karriere, er trinkt nur und erinnert kaum noch an das Idol der Beatniks, das er einst war. Es ist kaum vorstellbar, dass er den Kultroman der 1950er Jahre – „Unterwegs“/“On the Road“ – schrieb, in dem er das Leben seines besten Freundes, Neal Cassady, regelrecht ausschlachtete. Hier, zu einem Zeitpunkt, an dem an eine weitere Wendung in seinem Leben – das reich an Wendungen war – kaum noch zu denken ist, steht plötzlich die Literaturstudentin Jan vor seiner Tür, die seine Biografin werden will.

Mein Eindruck:

Ich kann nicht mehr genau sagen, wann ich das erste Mal von den Beatniks gehört habe, ich habe mich jedoch direkt ein wenig in diese Bewegung verliebt als ich las, dass ein Merkmal die ständige Beschäftigung mit Literatur gewesen sei. Für diejenigen, denen die Beat Generation bisher nichts sagt: „Beat Generation“ ist ein Begriff, den Jack Kerouac prägte, und mit dem eine Richtung der US-amerikanischen Literatur der 1950er Jahre gemeint ist. Als „Beatniks“ wurden dann die Anhänger dieser Generation bezeichnet – u.a. Jack Kerouac, Allen Ginsberg und William S. Burroughs, deren Werke zu dieser Richtung der Literatur gehören. Warum ich bisher noch nichts von diesen Autoren gelesen habe, kann ich ebenfalls nicht genau sagen, aber „Jack“ ist der ideale Einstiegspunkt.

Aus der Perspektive der Literaturstudentin treffen wir auf Jack Kerouac, der nur noch ein Schatten seiner selbst und vom Alkohol gezeichnet ist. Obwohl Jack eine Biografie ablehnt, gelingt es Jan doch, ihn zu einem Gespräch über seinen literarischen Werdegang zu überreden. Anthony McCarten webt in diesem Gespräch geschickt viele Informationen über die Beatniks hinein. Auf diese Weise erhält man als Leser automatisch das nötige Hintergrundwissen für diesen Roman. Dabei läuft McCarten jedoch nie Gefahr, eine verkappte Biografie Kerouacs zu schreiben.

Vielmehr dreht sich alles um die Frage wie unsere Identität wirklich aussieht. Wer bin ich? Diese Frage stellt man sich beim Lesen immer wieder, während das Buch überraschende Wendungen nimmt, die – obwohl durchaus naheliegend – nicht direkt vorhersehbar waren. Jack Kerouac hat in seinem Leben mit vielen Identitäten gespielt und scheint von noch mehr Dämonen verfolgt. In seinem berühmtesten Werk – „Unterwegs“/“On the Road“ – spielte er mit der Identität seines besten Freundes. Die Identität von Neal Cassady hat dies nachhaltig beeinflusst. Und auch Jan, deren Geschichte wir verfolgen, als sie immer enger mit der Kerouacs verwoben wird, hat ihre ganz eigenen Gedanken zum Thema Identität.

Mit einer Vielzahl an literarischen Anspielungen gelingt es McCarten ein ganz besonderes Lebensgefühl im Buch aufkommen zu lassen. Obwohl Jan und Kerouac meist statisch an einem Ort sind, erhält man nicht zuletzt auch durch die zwischenzeitlichen Interview-Sequenzen den Eindruck, man wäre „on the road“ – auf einem langen Roadtrip durch die USA – und würde dabei im Radio dem Leben eines Menschen aus einer anderen Zeit lauschen. Und man möchte, dass der Highway nie endet, man möchte, dass die Erzählungen, die Eindrücke und die Diskussionen um die verschiedenen Herangehensweisen an das Leben stehts weitergehen.

Fazit:

Anthony McCarten ist wieder einmal ein Roman gelungen, der gleichzeitig informativ und unterhaltsam ist und den Leser zum Nachdenken anregt. Ein Buch, das so laut ist wie sein Cover und doch so viele Zwischentöne besitzt, dass es noch lange nachhallt. Mehr kann man sich von einem Buch nicht wünschen – außer, dass es nie enden möge.

5 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:*

  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (28. Februar 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3257068565
  • ISBN-13: 978-3257068566
  • Originaltitel: American Letters
  • Übersetzer: Gabriele Kempf-Allié,‎ Manfred Allié 

 

3 Gedanken zu “Rezension: „Jack“ (Anthony McCarten)

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