Rezension: „Die Unzertrennlichen“ (Stuart Nadler)

Es gibt Cover, die sprechen mich an und es gibt solche, da greife ich eher nicht zu – das kennt vermutlich jeder Leser. „Die Unzertrennlichen“ hat jedoch ein Cover, das mich einfach nur rätseln ließ und mich dadurch so neugierig machte, dass ich spontan beim KiWi-Verlag anfragte, ob ich dieses Buch rezensieren dürfte. Ich durfte – vielen Dank für das Rezensionsexemplar – und lade Euch nun ein auf die Reise durch ein durchaus ab und zu rätselhaftes Buch:

Inhalt:

Im Zentrum des Romans stehen drei Frauen der Familie Olyphant – Henrietta (die Großmutter), Oona (deren Tochter) und Lydia (wiederum deren Tochter), die alle gerade mit dem Leben hadern: Henrietta ist seit Kurzem verwitwet und muss das Haus und die gesamte Existenz, die sie mit ihrem verstorbenen Mann aufgebaut hat, aufgeben. Gleichzeitig erscheint ihr Buch – „Die Unzertrennlichen“, welches sie vor Jahren über die Sexualität der Frau geschrieben hat – erneut und ruft ihr die Schmach in Erinnerung, die daraus entstand. Oona, die vielbeschäftigte Chirurgin, steckt mitten in der Trennung von ihrem dauerbekifften Ehemann und macht dem Paartherapeuten schöne Augen. Und schließlich ist da noch Lydia, die auf eigenen Wunsch in ein Eliteinternat besucht und deren Nacktfoto an der ganzen Schule herumgereicht wird – Cyberstalking inklusive.

Mein Eindruck:

Wie gesagt, das Cover – in Verbindung mit dem Titel – hat mich neugierig auf dieses Buch gemacht und der Klappentext, der einen „hochkomischen, exzellenten“ Roman versprach, tat sein übriges. Zunächst kurz zum Cover: Es passt nicht. Ja, der Titel ist der, des namensgebenden Buches von Henrietta und dennoch passt das Bild der drei Wellensittiche einfach nicht dazu. Die Unzertrennlichen sind die sogenannten Agaporniden, eine Sittichart, die man landläufig auch Liebesvögel nennt, da ihre Bindung so bemerkenswert eng ist. Es gibt durchaus auch andere Sitticharten, die eine enge Paarbindung aufweisen, allerdings werden nur die Agaporniden als Unzertrennliche bezeichnet. Deshalb ist das Cover für mich als Hobby-Ornithologin grenzwertig. Ein schicker Effekt ist aber durchaus, dass der Stert (die Schwanzfedern) der Wellensittiche farblich vertauscht wurden.

Die Geschichte ähnelt von ihrem Verlauf in gewisser Hinsicht dem Cover: Sie beginnt durchaus witzig, aber dann schleicht sich nach und nach das Gefühl ein, dass Stuart Nadler sich in den Handlungsteilen verstrickt und nicht mehr herausfindet. Henrietta könnte tatsächlich sowohl die coole Großmutter mit der skandalösen Autorinnen-Vergangenheit sein als auch die trauernde Witwe, die mit dem Verlust des Mannes umgehen lernen muss. Und Oona könnte tatsächlich die zweifelnde bald Ex-Ehefrau sein, der es wirklich schwer fällt, einen klaren Schnitt in ihrem Leben zu machen. Aber: Nur Lydias Geschichte entwickelt die Wucht, die ich bei den anderen beiden Figuren vermisst habe.

Lydia gerät in ihrem Eliteinternat, welches die Traditionen von anno dazumal zu pflegen scheint, in die Falle des Internets: Ein Junge, der ihr gefiel, nutzt ihre Naivität aus, stiehlt und teilt ein Nacktfoto, welches sie eigentlich nur für sich und aus Spaß gemacht hat. Die der digitalen Welt eigene Dynamik überrollt den Teenager: Die Schule schiebt ihr die Schuld in die Schuhe, obwohl der Täter ganz eindeutig ist, und Lydia Scham für ein Vergehen eingeredet, welches nicht von ihr ausging. Damit und mit der schier unzählbaren Masse an Schmäh-Nachrichten, die auf ihrem Handy landen, muss sie nun klarkommen. Dieses Element des Romans ist grandios gelungen, denn es porträtiert perfekt, wie Frauen für Dinge verantwortlich gemacht werden, für die sie nichts können – und es zeigt auch, wie hilflos sie in diesen Situationen sind.

Ich hätte mir gewünscht, dass mich die Emotionen Henriettas und Oonas ebenso treffen, oder ihre Geschichten einen ganz anderen Dreh – z.B. ins versprochene „Urkomische“ – nehmen. Stattdessen dümpelten ihre Erlebnisse, ihre Konflikte und Gefühle einfach nur so dahin und konnten mich nicht wirklich erreichen. Vielleicht lag das auch an den von Stuart Nadler eingeflochtenen eher trockenen Elementen der Reflexion, denn irgendwie wollte der Funke gerade an diesen Stellen nicht überspringen (und dabei ist das Innenleben von Romanfiguren gerade spannend!).

Fazit:

Statt des erhofften komischen – oder gefühlsintensiven – Romans mit dem ulkigen Cover, fand ich leider nur einen Roman, dessen ulkiges Cover die teilweise fade Geschichte nicht aufbessern konnte. Lydias Geschichte war klasse und vielleicht wäre es besser gewesen, den Fokus auf ihr Leben zu setzen und die anderen beiden Damen in den Hintergrund zu verfrachten, um die Dynamik des Buches zu retten.

3 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:*

  • Preis: 14,99€
  • Broschiert: 368 Seiten
  • Verlag: KiWi-Paperback (17. August 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3462049887
  • ISBN-13: 978-3462049886
  • Originaltitel: The Inseparables
  • Übersetzer: Andreas Reimann

 

 

7 Gedanken zu “Rezension: „Die Unzertrennlichen“ (Stuart Nadler)

  1. Ich kann das Buch schon nicht lesen, weil die Vögel auf dem cover, wie du ja geschrieben hast, die falschen sind 😉 Wem sowas passiert, der lektoriert auch nicht aufmerksam 😉 Ok, Vorurteil, aber dennoch werde ich dieses Buch nicht lesen und nach deiner Rezension schonmal gar nicht 😉 Danke!

    • Liebe Sonja,

      das war zwar nicht das Ziel – aber in diesem Fall kann ich nur sagen, dass Du wirklich nix verpasst. Allerdings, eine Lanze muss ich fürs Lektorat brechen: Ich habe keine Rechtschreibfehler entdeckt. Da gibt’s ganz andere Kaliber, bei denen es anders aussieht…

      Liebe Grüße
      Sarah

  2. Liebe Sarah,
    Auf dieses Buch war ich ja eigentlich auch sehr neugierig. Bei mir war auch die Verbindung aus Klappentext und Cover schuld. Nach deine Rezension überlege ich jetzt aber noch mal genau, ob ich diesem Roman wirklich meine (im Moment leider sehr knappe) Lesezeit widmen möchte. Also danke für deine kritische Betrachtung.
    Liebste Grüße, Julia

    • Liebe Julia,

      ja, die knappe Lesezeit… eine Freundin hat mir mal eine Postkarte mit den Worten „Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher“ geschenkt, die hier bei mir gut sichtbar hängt. Bei diesem Buch musste ich mehrfach darauf gucken – und hab mich schlussendlich in der Hoffnung, es würde besser werden, durchgequält. Die Postkarte hatte aber leider recht…

      Liebe Grüße
      Sarah

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