Dieses Buch landete auf meiner Wunschliste, als ich hörte, dass Benedict Cumberbatch sich mit seiner Produktionsfirma Sunny March die Filmrechte zum Buch gesichert hat. Als dann – fast zeitgleich – eine Leserunde auf LovelyBooks.de im Rahmen des Literatursalons gestartet wurde, musste ich einfach zugreifen.
Ich habe mir die englischsprachige Version der Novelle gekauft, da es als sehr poetisch angekündigt wurde. Solche Bücher lese ich am liebsten – wenn möglich – in der Originalsprache.
Inhalt:
Endzeitszenarien gibt es in Büchern häufig, doch hier ist der Ansatz ein anderer: Die Protagonistin, gerade erst Mutter geworden, muss vor einer katastrophalen, durch den Klimawandel bedingten Flut fliehen. Zunächst zu den Schwiegereltern, dann immer weiter von Notfalllager zu Notfallager. Die einzige Konstante ist, dass es keine Konstanten gibt – außer ihrem Baby. Während um sie herum die Welt aus den Fugen gerät und auch ihre kleine private Welt herbe Verluste erleiden muss, ist sie doch letztendlich eines: eine junge Mutter.
Mein Eindruck:
Poetisch ist auch das erste Wort, das mir in Bezug auf diese Novelle einfällt. Im Gegensatz zu anderen Geschichten, in denen Endzeitszenarien in aller Brutalität und Dramatik geschildert werden, beschränkt sich Megan Hunter in ihren Worten nur auf das Nötigste. Situationen werden angedeutet, Namen mit einem einzigen Buchstaben abgekürzt, einschneidende Ereignisse nie direkt angesprochen. Dies wirkt einerseits beinahe lyrisch und dennoch ist die Sprache unheimlich präzise und kommt direkt auf den Punkt.
We are told not to panic, the most panic-inducing instruction known to man.
(Megan Hunter, „The End We Start From“, S. 55)
Auf diese Art und Weise kehrt Hunter die übliche Konstellation um: Anstatt eine Geschichte mit so vielen Details und Erläuterungen zu erzählen, dass diese sich dann wie bei einem Film in den Köpfen ihrer Leser abspielt, nutzt sie die Gedanken der Leser als Leinwand eines Schattentheaters. Sie reißt bestimmte Dinge an, damit die Grundzüge der Erzählung klar sind, überlässt aber den Rest der Fantasie des Lesers. So, wie bei einem Schattenspiel die Umrisse der Figuren mal scharf und mal verschwommen sind – und niemals Farbe aufweisen – sind auch einige Teile der Novelle der eigenen Deutung überlassen.
Der Titel – der mit „Vom Ende an“ wunderbar ins Deutsche übertragen wurde – erzählt letztlich die Geschichte einer Mutter, die zwar die Welt um sich herum wahr nimmt, sich aber dennoch vor allem auf ihr Kind konzentriert. Sie leidet durch das Ende, das – vermeintlich? – über die Welt gekommen ist, die sie bisher kannte, aber eigentlich bezieht sich die gesamte Geschichte auf den neuen Anfang, der in ihrem Baby besteht. Deshalb sind die eingestreuten Passagen verschiedener Schöpfungsmythen umso passender. Als Leser fragt man sich automatisch, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen. Passender und aktueller kann deshalb die Ausgangssituation einer Klimakatastrophe gar nicht sein.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, so Herrmann Hesse. Und vielleicht ist jedes Ende wirklich auch ein Anfang.
Fazit:
„Vom Ende an“ / „The End We Start From“ ist ein Buch, das sich aufgrund der reduzierten – beinahe fragmentartigen – Sprache sehr schnell lesen lässt, das noch lange nachhallt. Hunter erzählt auf eine Art und Weise, die man nicht häufig findet und genau das macht diese Novelle so besonders.
5 von 5 Sternen.
Mehr zum Buch:*
- Preis deutsche Ausgabe: 16 €
- Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
- Verlag: C.H.Beck; Auflage: 1 (18. Mai 2017)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3406705073
- ISBN-13: 978-3406705076
- Originaltitel: The End We Start From
- Preis englische Ausgabe: 9,49 €
- Gebundene Ausgabe: 140 Seiten
- Verlag: Picador; Auflage: Main Market Ed. (18. Mai 2017)
- Sprache: Englisch
- ISBN-10: 1509839100
- ISBN-13: 978-1509839100