Rezension: „Amortentia“ (David Pawn)

Im November besuchte ich mit ein paar Buchfreunden die „Schriftgut“ – die Literaturmesse hier in Dresden. Es war mein erster Besuch dort und ich hatte auch dank der vielen Bekannten, die ich dort treffen konnte, sehr viel Spaß. Und natürlich habe ich mir auch ein Buch mitgenommen: „Amortentia“

David Pawn fiel Jule und mir durch seinen Ravenclaw-Schal auf und auch seine Bücher haben farbenfrohe und sehr ansprechende Cover. Neugierig geworden, unterhielten wir uns mit ihm und es wurde ein sehr lustiges Gespräch, denn tatsächlich ist er Fan der Potter-Welt und seine Bücher stehen in besonderem Bezug dazu.

Amortentia

(Foto: Privat)

Inhalt:

Sophus Schlosser ist Besenbinder – und Zauberer. Außerdem ist er, aus weiblicher Sicht betrachtet, ein ziemliches Schwein. Seine mangelhaften Zauberkenntnisse weiß er Magier durch Kenntnisse im Brauen von Zaubertränken auszugleichen und da er mit seinem nicht besonders rumreichen Beruf wenige Hexen kennenlernt, nutzt er eben diese Braukünste, um Muggel-Damen für sich zu gewinnen. Kurzum: Er ist triebgesteuert und hat kein schlechtes Gewissen, nichtmagischen Frauen und ihren Bedürfnissen mit ein paar Tropfen eines Liebestranks nachzuhelfen. Bis er Lyra trifft, die von jetzt auf gleich seine Angebetete wird – und mit der er es sich gründlich vermasselt – denn sie ist eine Hexe.

Mein Eindruck:

Gleich vorweg: Ich gehöre nicht zu den Hardcore-Potterheads, die jegliche Neudeutung von Rowlings Geschichten für Blasphemie halten. Besonders während der Wartezeit auf einen neuen Band habe ich mir die Zeit mit dem Lesen von Fanfictions vertrieben, insbesondere denen, die „Was wäre wenn…?“-Ansätze enthielten und der Zaubererwelt und ihren Charakteren eine neue Richtung gaben. Deshalb gefiel mir auch von Anfang an die Grundidee, dass etwas über die Zaubererwelt in Deutschland geschrieben wurde, und dass in dieser Geschichte keine der Hauptfiguren der Harry Potter-Bücher direkt vorkommen würden, sie aber dennoch nach den von Jo erdachten Regeln funktioniert.

Der Ansatz von „Amortentia“ ist, dass auch Muggel Rechte haben und Sophus mit Lyra ausgerechnet an jemanden gerät, die Muggel nicht als etwas Minderwertiges betrachtet, sondern für ihre Gleichberechtigung eintritt. Der Konflikt zwischen Zauberern und Muggeln wird also weitergedacht. Außerdem werden ein paar landestypische Klischees eingebaut, wodurch die Zaubererwelt in Deutschland durch Ämter und Bürokratie noch ein wenig verschrobener wirkt.

Leider konnte mich „Amortentia“ dennoch nicht überzeugen. Der Ausgangspunkt, dass die Harry Potter-Reihe die Memoiren von Minerva McGonagall sind, die sie in der Muggelwelt unter dem Pseudonym J. K. Rowling veröffentlicht hat, war mir ein wenig zu nah an den gängigen Fantheorien und bot wenig Neues. Schwer getan habe ich mich auch mit allerlei inhaltlichen Fehlern, die nichts mit Neuinterpretation oder Weiterentwicklung der Zaubererwelt zu tun hatten. Ein Vielsafttrank braut sich nunmal nicht nicht in wenigen Stunden (Hermine brauchte Wochen). Auch wurde im Buch behauptet, McGonagall hätte einige Dinge in ihren Beschreibungen vereinfacht, worauf beispielsweise die Ausführung folgte, dass ein Vielsafttrank keine Kleidung verwandeln kann oder sich die Stimme des Verwandelten nicht verändern würde. In „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ ist jedoch ganz eindeutig zu lesen, dass das Trio sich die Klamotten derer besorgt, in die sie sich verwandeln wollen und natürlich verändert sich auch die Stimme desjenigen, der Vielsafttrank zu sich nimmt, da sich die gesamte Anatomie – inklusive der Stimmbänder – verändert. Nur der Sprachduktus muss – wie von Harry und Ron schnell bemerkt – angepasst werden.

Zusammen mit einigen Schreibfehlern in den „Fachworten“ (z.B. „Squibb“ statt – korrekt – „Squib“) wirken solche und andere Passagen im Buch leider nicht wie Erweiterungen der ursprünglichen Geschichte, sondern einfach nur falsch. Übrigens findet sich solch ein Schreibfehler auch direkt auf dem Buchumschlag: Auf dem Buchrücken steht nämlich „Amortensia“ und auf dem Cover das korrekte „Amortentia“.

Flach wirken leider auch die Charaktere und ihre Entwicklung – insgesamt erschien mir jede Gefühlsregung überdramatisiert und dadurch sehr unglaubwürdig. Von einem Moment auf den anderen wird von „triebgesteuert“ auf „treu“ und von „tief verletzt und wütend“ auf „doch interessiert“ geschaltet, ohne, dass dazwischen eine wirkliche – echte und unbeeinflusste – Zuneigung zwischen den Figuren spürbar war.

Fazit:

Ich habe nichts dagegen, wenn man die mir liebste Geschichte nimmt und neue Ansätze findet oder hinzudenkt – im Gegenteil: Ich liebe ausführliche Fantheorien und gut geschriebene Fanfictions. Das Buch versprach zunächst eine Mischung aus beidem zu sein, war aber letztlich nichts dergleichen. Als Potterhead möchte ich – wenn die jeweilige Geschichte schon im Universum von Harry und seinen Freunden spielt – bei aller Liebe zu neuen Ideen oder Interpretationsspielraum, dass die harten Fakten auch korrekt wiedergegeben werden. Zudem habe ich ein Faible für spannende Charaktere, deren Seelenleben komplexer ist, als das – um beim Thema zu bleiben – eines Besens.

2 von 5 Sternen.

Mehr zum Buch:

  • Preis: 9,89 € (Print)
  • Taschenbuch: 256 Seiten
  • Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform (1. August 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1497578086
  • ISBN-13: 978-1497578081

 

 

8 Gedanken zu “Rezension: „Amortentia“ (David Pawn)

  1. Echt schöne Rezension… Ich liebe es ja Fehler zu finden… Ich finde es immer schwierig, Fanfictions zu lesen und ich kann mich nie richtig aufraffen das zu tun… So wie du es schilderst ist das Buch ja nicht so toll… Aber hast du ggf. andere Bücher, die an die Harry Potter Reihe angelehnt sind?
    LG ElephAnt

    • Hallo ElephAnt,

      vielen Dank für Deinen Kommentar – ich freue mich, dass Dir meine Rezension gefällt.

      Mir persönlich macht es beim Lesen weniger Freude, Fehler zu finden, da micht diese sehr schnell aus dem Lesefluss reißen. Ich muss allerdings einen Großteil der Fanfictionschreiber in Schutz nehmen: Viele Fanfics, die ich gelesen habe (meist ja zwischen zwei HP-Bänden), waren wirklich gut gemacht und haben die Details der Zaubererwelt sehr genau beachtet und wiedergegeben. Das war es ja gerade, was mich bei diesem Buch so enttäuscht hat.

      Bücher, die in Harrys Welt spielen, sind mir ansonsten nicht weiter bekannt. Auf Mugglenet Fanfiction (kannst es ja mal googeln, ist eine – in meiner Erinnerung hauptsächlich – englischsprachige Seite) gibt es allerdings wirklich extrem gut gemachte Fanfictions. Meist sind das die mit sehr hoher Wortzahl/Kapitelzahl. Früher war ich da sehr oft unterwegs.

      Wenn Du Geschichten suchst, die sich beim Lesen ein wenig wie Harry Potter „anfühlen“, jedoch kein bloßer Abklatsch sind und eine eigene Welt haben, dann kann ich Dir die Reihen von Cassandra Clare empfehlen. Ich habe hier auf dem Blog zum ersten Band der „Magisterium“-Reihe eine Rezension veröffentlicht, mochte aber auch die „Mortal Instruments“-Reihe sehr. Guck einfach mal rein 🙂 Kannst ja Bescheid sagen, wenn Du was Schönes gefunden hast, oder wie Dir die hier genannten Geschichten gefallen 🙂

      Liebe Grüße
      Sarah / Estel

  2. Hallo Sarah, es tut mir echt leid, dass dir das Buch nicht gefallen hat. Nicht wegen der Rezi, sondern weil ihr zwei echte Sonnenschein-Typen wart, die viel Spaß und Lebensfreude ausgestrahlt haben und denen ich gern eine Freude gemacht hätte. Das ist schade.Aber man kann es als Autor nicht für jeden Leser treffen. Ich würde mich dennoch freuen, euch mal auf der einen oder anderen Buchmesse wieder zu treffen. Leipzig bietet sich an. Wenn du Zeit hast, kann ich dir als Organisator des Qindie-Standes eine Gratis-Einladung zukommen lassen – als Wiedergutmachung.

    • Hallo David,

      stimmt, es allen recht machen ist nie möglich – deshalb denke ich, dass Du schon Deine Leser findest 😉 Nicht umsonst gibt es ja wesentlich mehr als nur einen Band 🙂

      Was Deine Frage bezüglich der Einladug anbelangt: Erst einmal Dankeschön! Als Bloggerin komme ich gratis auf die Messe – jedoch habe ich einen Freund, dem es aktuell nicht besonders toll geht, und den ich mitschleppen möchte. Wenn ich die Einladung also für ihn annehmen darf, dann wäre das schön. Wenn das nicht möglich ist, ist es natürlich auch kein Problem 🙂

      Und keine Sorge – Jule und ich bleiben Sonnenschein-Typen 😉 Das Schöne an Büchern ist ja, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann, ohne sich die Köppe einzuschlagen ^^

      Viele Grüße,
      Sarah

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