„Harry Potter and the Half-Blood Prince“ hat mich zum ersten Mal die Macht von Spoilern erfahren lassen. Als das Buch erschien war Harry Potter in meiner Schulklasse lange schon nicht mehr so „uncool“ wie zu Beginn meiner Zeit auf dem Gymnasium, als ich noch sehr stark deswegen gehänselt wurde. Ironischerweise waren es diejenigen, die mich am meisten verspottet haben, die dann besonders begeistert von der Geschichte waren. Aufgehört, mich zu hänseln haben sie deshalb übrigens nicht – sie haben andere Anlässe dafür gefunden. Jedenfalls habe ich auch dieses Buch wieder auf Englisch gelesen während meine Mitschüler auf die deutsche Übersetzung warteten. Und als ich das Buch schon längst gelesen hatte – meine Mitschüler aber scheinbar noch nicht – kam es zu der Situation, dass ich wieder einmal in der Pause Sticheleien über mich ergehen lassen musste. Warum das so spannend war, weiß der Kuckuck, aber ich wusste in dem Moment nur, dass ich darauf keine Lust mehr hatte. Also habe ich die Gruppe Mädchen eiskalt angesehen und ganz ruhig gesagt „Ganz anderes Thema, aber ihr wisst schon, dass Dumbledore am Ende von Band sechs stirbt, ne?“ Und als Reaktion auf die entgeisterten Gesichter habe ich noch hinzugefügt: „Ja, hätte echt nicht gedacht, dass Snape das tun würde, ich dachte, der wäre auf der Seite der Guten.“
Langer Rede kurzer Sinn: Meine Mitschüler haben von da an sehr genau überlegt, ob sie wirklich riskieren wollten, mich zu stark zu reizen und ich hatte gelernt, dass Wissen wirklich Macht bedeutet – insbesondere, wenn es um das Wissen von Buch- oder Filmhandlungen geht. Darum erneut:
Auch hier wieder gilt: Spoilergefahr für all diejenigen, die nicht alle sieben Harry Potter-Bände gelesen oder die acht Filme gesehen haben.
Zum Buch:
(Band sechs wurde auf Englisch gelesen.)
Im sechsten Band der Harry Potter-Reihe ist mir vor allem aufgefallen, dass Jo hier den Unterschied zwischen Harry und Voldemort in jeder Etappe ihrer Lebensläufe hervorgehoben hat. Im Nachhinein macht das Sinn, weiß man doch nun, dass ein Teil Voldemorts die gesamte Zeit in Harry überlebt hat. Wie schon in Band zwei durch Dumbledore angedeutet sind es jedoch unsere Entscheidungen, die uns definieren.
Das beginnt damit, dass Harry Ron und Hermine einweiht und ihnen verrät, was die Prophezeihung enthält. Voldemort war immer Einzelgänger. Tom Riddle hat an seinem elften Geburtstag die Wahrheit, ein Zauberer zu sein, direkt akzeptiert – Harry dachte, er hätte all das nur geträumt. Tom hat Hogwarts erkundet, um mehr Macht als andere Schüler zu haben – für Harry ging es letztlich nur um den Spaß, aus dem Schloss zu kommen. Tom Riddle war ein Musterschüler, der seine Lehrer hofiert hat und der immer bestmögliche Leistungen erbracht hat. Harry hat sich mehr als nur einmal Nachsitzen oder Strafarbeiten eingefangen, weil er gegen Ungerechtigkeiten seitens der Lehrer angegangen ist – und sein Fokus lag mit Quidditch nicht auf akademischen Leistungen sondern im Bereich des Gemeinschaftssports. Einen Riddle als Quidditch-Spieler kann ich mir auch gar nicht vorstellen…
Dies sind nur einige Beispiele dafür, dass Jo immer wieder den Unterschied zwischen den beiden Figuren hervorhebt, was mich das gesamte Buch über sehr fasziniert hat. Ebenfalls interessant fand ich – auch wenn ich an der Stelle wieder einmal das Buch abrupt geschlossen und Harry innerlich vor Wut angebrüllt habe – die Szene, in der Harry den „Sectumsempra“ Fluch benutzt. Sie zeigt, denke ich, am besten, dass Harry letztlich noch immer nicht wirklich weiß, wie gefährlich die Welt, in der er lebt, sein kann. Sein gesamtes Verhalten was das Zaubertränke-Buch des Halbblut Prinzen anbelangt ist letztlich nur als naiv zu bezeichnen. Es hat ihm bei Slughorn geholfen, also, denkt Harry, ist alles darin gefahrlos einzusetzen – oder maximal finden sich darin Zaubersprüche, mit denen man andere Schüler auf den Arm nehmen kann. Dass auch Dinge, die einem eigentlich nützen – in seinem Fall, um in Zaubertränke Erfolg zu haben – umgekehrte Wirkung entfalten können, lernt er durch das Verwenden von „Sectumsempra“.
Interessant ist auch die Wandlung von Harry über die letzten drei Bücher – in Band fünf ist er noch ein impulsiver Teenager, Band sechs zeigt ihn dann schon wesentlich nachdenklicher aber noch immer wirkt er stellenweise unglaublich naiv und in Band sieben wird er dann wirklich vom Verhalten her (beinahe) erwachsen. Aber mehr zu dieser Entwicklung im nächsten Blogeitrag.